Entwicklungen während der letzten Jahrzehnte
Eine Tischtennis-WM ist immer auch ein „Klassentreffen“ der Altstars. Hier trifft man Europa- und Weltmeister von früher wie u. a. den vierfachen Weltmeister István Jónyer, der mit dem Einzeltitel 1975 in Kalkutta seinen größten Erfolg feierte. Dazu kamen zwei Weltmeistertitel im Doppel und einer mit der ungarischen Mannschaft.
Am Butterfly-Stand in der WM-Haupthalle verabrede ich mich mit István zu einem Interview. Obwohl er Englisch und ein wenig Deutsch spricht, half uns ein ungarischer Dolmetscher.
Wode: Istvan, wie hat sich deiner Meinung nach der Tischtennissport seit deinen Erfolgen bei Weltmeisterschaften in den 70ern bis heute hier in Düsseldorf entwickelt und verändert?
Jónyer: Das ist heute ein ganz anderer Sport. Viel schneller und teilweise mit anderer Technik als früher. Nicht nur das Tempo des Balls hat sich verändert, auch die Sätze sind von damals 21 auf jetzt 11 Punkte verkürzt worden. So fallen Entscheidungen schneller und es bleibt kaum Zeit, seinen Gegner zunächst mal abzutasten.
Wode: Wie in fast jedem Sport hat sich auch das Material weiterentwickelt. Beläge sind jetzt schneller und griffiger als früher. Um diesem Trend entgegen zu wirken, wurden die Bälle von 38 auf 40 mm Durchmesser vergrößert. Kann man bei so vielen Änderungen über längere Zeit in der Weltspitze überhaupt erfolgreich sein?
Material, Technik, Regeln und Orga
Jónyer: Man muss eigentlich mit einem Material, einer Technik oder Regel aufgewachsen sein, mit der man in der Weltspitze vorne mitspielen will. Wenn sich die Rahmenbedingen ändern, wird’s schwierig. Das war früher zu meiner Zeit ohne nennenswerte Änderungen einfacher als während der letzten Jahre oder Jahrzehnte. Inzwischen spielt die Welt mit Plastik- statt Zelluloidbällen, die wieder neue Techniken erfordern und ermöglichen.
Wode: Nach der Abspaltung der Team-WM (13.-17.09.2017 in Luxemburg) von der früheren Gesamt-WM (Einzel, Doppel, Mixed und Teams) hat sich u. a. die Dauer des Turniers verkürzt. Hat sich damit auch die Organisation der WM verbessert? Was könnte man optimieren?
Jónyer: Aus meiner Sicht nicht. Früher lief ein Wettbewerb pro Tag, heute werden Einzel, Doppel und Mixed innerhalb eines Tages angesetzt. Das mag für die Zuschauer besser sein, für die Spieler können so Zeitplan-Konstellationen entstehen, die mehrere Spiele innerhalb kürzester Zeit erfordern oder sich längere Pausen ergeben. Hier in Düsseldorf könnte man die Qualität der Anzeigetafeln und Quantität angezeigter Informationen optimieren.
Wode: Wer macht das Rennen um die Titel? Haben Europäer überhaupt eine Chance?
Jónyer: Bei den Männern schätze ich Zhang Jike stärker als Ma Long ein. Die aus meiner Sicht besten Europäer – Boll und Ovtcharov – werden zwar vorne aber nicht ganz vorne mitspielen.
Wode: Vielen Dank für das informative Gespräch, István.
Jónyer: Sehr gern.
Als weitere Interviewpartner waren die Schwedischen Weltmeister Jan-Ove Waldner und Mikael Appelgren geplant. Leider wurde deren Flug nach Düsseldorf kurzfristig gecancelt. Mal schauen, ob ich einen der Doppel-Weltmeister von 1989 Roßkopf/Fetzner oder den Einzel-Weltmeister von 1991 Jögen Persson hier die Tage noch erwische …
Safety first
Auch das Thema Sicherheit hat sich während der letzten Jahr(zehnt)e stark verändert. Besonders bei Großveranstaltungen wie Konzerten oder eben Sport-Events wie der TTWM bekommt man dies zu spüren. So müssen Zuschauer alle Taschen, Rucksäcke oder Koffer, die größer als DIN A4 sind, an einer gesonderten Garderobe abgeben und dürfen nicht mit in die Messehallen genommen werden. Da dies im Vorfeld offensichtlich nur wenig kommuniziert wurde, löst diese Maßnahme bei Besuchern nicht gerade Begeisterungsstürme aus.
Registrierten Personen wie Spielern, Trainern, Journalisten, Volunteers etc. wird hier glücklicherweise am Akkreditierteneingang ein Sonderrecht eingeräumt. Aber auch mein Rucksack wird täglich am Eingang durchsucht und mit einem Sicherheitsbändchen versehen. Da dessen Farbe täglich wechselt, werde ich es nach der WM auf eine bunte Sammlung von zehn bringen. Das Foto (oben) habe ich am Finaltag geschossen und hier später integriert. Bei dieser Gelegenheit gebührt allen Ordnern und Sicherheitskräften ein großes Lob für ihre gute Arbeit.